Am heutigen Mittwoch, 6. Oktober 2021 haben Beamtinnen und Beamte der Polizei
Düsseldorf, der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung in einem
Ermittlungsverfahren der Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter
Straftaten in Nordrhein-Westfalen (ZeOS NRW) u.a. wegen des Verdachts der
mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche sowie
Verstößen gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz in den frühen Morgenstunden
damit begonnen, insgesamt 85 Objekte (Häuser, Wohnungen, Büros und
Geschäftsobjekte) zu durchsuchen. Gegen elf Personen wurden in diesem
Zusammenhang Haftbefehle vollstreckt.
Dem Einsatz vorausgegangen waren monatelange Ermittlungen, nachdem sich aufgrund
vereinzelter Bargeldfunde durch Beamte der Polizei und des Zolls und
Geldwäscheverdachtsanzeigen erste Hinweise auf größere Geldtransporte und das
Bestehen eines international agierenden Hawala-Netzwerkes ergaben. Das Verfahren
richtet sich insgesamt gegen 67 Beschuldigte, welche dem Netzwerk zugerechnet werden.
Im Fokus des Verfahrens stehen zwei 44 bzw. 42 Jahre alte Hauptbeschuldigte. Diese
sind dringend verdächtig, ein sog. Hawala-System betrieben und so einer Vielzahl von
Kunden die Möglichkeit geboten zu haben, gegen Zahlung einer Provision
Geldüberweisungen außerhalb des staatlich genehmigten Banken- und Finanzwesens –
insbesondere von Deutschland und den Niederlanden nach Syrien sowie in die Türkei –
vorzunehmen. Das auf diese Art und Weise bewegte Transaktionsvolumen betrug nach
dem derzeitigen Stand der Ermittlungen für den Zeitraum seit August 2016 ca. 140
Millionen Euro. Aufgabe der beiden Hauptbeschuldigten war es, Bargeld in deutschen und
niederländischen sog. Zahlungsbüros einzusammeln und den Ausgleich der
Bargeldbestände in den türkischen und syrischen Zahlungsbüros zu gewährleisten. Nach
bisherigen Erkenntnissen stammt zumindest ein Teil der eingesammelten und
transferierten Gelder aus Straftaten.
Der Ausgleich der Bargeldbestände in den deutschen und niederländischen
Zahlungsbüros auf der einen Seite und in den Zahlungsbüros in der Türkei und in Syrien
auf der anderen erfolgt unter anderem durch den Transfer von Geld für sogenannte Rückwärtskunden. Einer dieser Kunden steht im Verdacht, täglich bis zu 75 gestohlene
Katalysatoren aus Nordrhein-Westfalen und angrenzenden Bundesländern angekauft zu
haben. Hierfür erhielt er von einem der Hauptbeschuldigten etwa 35.000 Euro Bargeld pro
Tag. Der Ausgleich der Bargeldbestände fand auch in der Weise statt, dass mit dem
Bargeld Rechnungen von Firmen aus aller Welt für Warenlieferungen in den Nahen Osten
bezahlt wurden. Die Begleichung der Rechnungen erfolgte über Drittfirmen in
Deutschland, auf deren Konten das Bargeld eingezahlt wurde.
Sofern es innerhalb des Netzwerkes zu Unstimmigkeiten oder Meinungsverschieden-
heiten beispielsweise hinsichtlich der Verwendung der überlassenen Gelder kam,
erfolgten nach derzeitigem Stand der Ermittlungen Tätlichkeiten und Drohungen bis hin zu
Todesdrohungen, um das vermeintliche Fehlverhalten zu sanktionieren. Hierzu sollen
durch die Beschuldigten Gruppierungen beauftragt worden sein, welche die Forderungen
gegen Entgelt eintreiben oder die Streitigkeiten beilegen sollten. Eine dieser
Gruppierungen wurde von einem sogenannten Friedensrichter angeführt. Insofern ergab
sich im Laufe des Verfahrens gegen einzelne Beschuldigte der Verdacht des besonders
schweren Raubes, der Geiselnahme, der gefährlichen Körperverletzung und der Nötigung.
Ein Großteil der Beschuldigten ist ferner verdächtig, zu Unrecht Sozialleistungen bezogen
zu haben, ihren sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Pflichten nicht
nachgekommen zu sein und sich bei der Verschleierung dessen gegenseitig unterstützt
zu haben.
Insgesamt durchsuchten die über 1.000 Einsatzkräfte 85 Objekte, zehn davon mit
Unterstützung durch Spezialeinheiten. Des Weiteren waren auch mehrere
Einsatzhundertschaften sowie Drogen- und Geldspürhunde an den Maßnahmen beteiligt.
An den Ermittlungen waren neben der ZeOS NRW und der Polizei Düsseldorf auch die
Steuerfahndung Düsseldorf – Taskforce NRW –, das Hauptzollamt Düsseldorf –
Finanzkontrolle Schwarzarbeit – und das Landeskriminalamt NRW beteiligt.
Im Rahmen der heutigen Maßnahme wurden in Vollziehung von 10 Vermögensarresten
unter anderem die Eintragung einer Sicherungshypothek für ein Grundstück veranlasst
sowie 14 Konten gepfändet. Weiterhin wurden Bargeld und Vermögenswerte in Höhe von
ca. 4,5 Millionen Euro gesichert, darunter Luxusuhren, Schmuck, Gemälde und mehrere
hochpreisige Sportwagen.
Die Durchsuchungen fanden in Bergisch Gladbach, Bochum, Bottrop, Bremerhaven,
Castrop-Rauxel, Dortmund, Düsseldorf, Erkelenz, Essen, Geilenkirchen, Gelsenkirchen,
Hannover, Heinsberg, Hückelhoven, Köln, Krefeld, Mönchengladbach, Neuss, Olfen,
Remscheid, Schwerte, Viersen und Wuppertal statt.