Ihre Fischwirtschaft beschert Deutschlands einziger Großstadt an der Nordseeküste ungewöhnliche touristische Angebote und jede Menge süchtige Gäste
Sie ist Drehscheibe der europäischen Fischindustrie, ein Mekka für Fischliebhaber und bedeutendes Zentrum der Fischereiforschung. Wer mit offenen Augen durch die Seestadt Bremerhaven geht, versteht schnell, dass alles das zusammenhängt. Der Weg alles Fischigen aus den Tiefen des Meeres auf die Teller des Endverbrauchers ist lang und abhängig von einem vielteiligen Puzzle. Alle Teile sind in Bremerhaven vertreten, und das macht die Stadt nicht nur in Deutschland einzigartig.
Wenn man so will, ist Bremerhaven Pilgerstadt: Die Kennzeichen der Autos im Fischereihafen und die Dialekte am Tresen der Fischhändler und in den Restaurants verraten die deutschlandweite Herkunft der Gäste, die am Ziel ihrer Wünsche sind. Sie finden hier in erster Linie, was heimische Gewässer, Atlantik und Mittelmeer in ausreichender Menge zu bieten haben. Soll es exklusiver sein, kommen Sterneköche und Feinschmecker aber auch zu ebenso frischen Produkten aus allen anderen Teilen der blauen Welt.
Vielleicht gerade noch die Currywurst kann solche fast irrationalen Geschmackserwartungen hervorrufen wie Fischbrötchen, Räucherfisch, Krabben und Marinaden, Schalentiere und Edelfische. Welches touristische Potential in dieser Laune der Natur steckt, haben die Verantwortlichen in der Seestadt Bremerhaven schon früh erkannt: Mit dem „Schaufenster Fischereihafen“ wurde seit den 1990er Jahren ein großer Teil der Gewerbeflächen in diesem 4.000 Arbeitsplätze bietenden Hafenareal in ein Fischparadies für Endverbraucher umgewidmet. In der historischen Packhalle IV reihen sich Fischgeschäfte und Restaurants dicht an dicht. Der Duft von Räucheröfen begleitet den Besucher schon auf dem Weg vom Parkplatz hierher, und die Krabben, die vis-à-vis im Hafenbecken direkt vom Kutter gekauft werden, haben nicht den üblichen Umweg über Marokkos Pulanlagen genommen, sie sind so frisch wie der Wind.
Wie man die erworbene Trophäe fachgerecht und interessant zubereiten kann, lehrt das „Seefischkochstudio“ im benachbarten Fischbahnhof. Besucher der meist einstündigen Kochshows bekommen Tipps, Rezepte und Informationen und können sich zum Abschluss an einem Fischbüffet gütlich tun. Wie man seinen Fischen selber eine Rauch-Geschmacksnote verpasst, vermittelt die „Räucherei Fiedler“ Interessierten in einem zweistündigen Kurs. Eine fast ausgestorbene Spezies unter den Restaurants ist die Fischbratküche, von der es in Bremerhavens Stadtgebiet stilecht noch einige Exemplare gibt. Ihr goldgelber Backfisch oder selbst eingelegte Bratheringe können frischer nicht sein.
Einen Überblick über alle gastronomischen Angebote in der Stadt, in den „Havenwelten“ rings um Klimahaus, Auswandererhaus und Schifffahrtsmuseum und im Fischereihafen bietet das 80-seitige Magazin „Bremerhaven Fangfrisch“, in dem sich alles um Fisch dreht.
Fischwirtschaft und Forschung
Doch was steckt hinter dem Phänomen Fisch, das zu einem der bedeutendsten Industriezweige Bremerhavens geworden ist? Warum heißt Bremerhaven, dessen DEL Eishockeyclub sich „Fischtown Pinguins“ nennt, auch „Europas größte Kühltruhe“? Darauf und auf viele andere Fragen gibt die „Tour de Fisch“ Antwort. Im Verlauf der zweistündigen Busrundfahrt erfahren die Teilnehmer*innen unter vielem anderen, dass in Bremerhaven schon in den 50er Jahren das Fischstäbchen erfunden wurde, das von den hier ansässigen Iglo, Frosta und Co. heute in Milliardenzahl in alle Welt exportiert wird. Eisproduktions- und Kohlebunker-Anlagen erzählen von den Anfängen wochenlanger Fangfahrten. Ein Besuch auf dem Fischfänger FMS „Gera“ im Rahmen der Tour dokumentiert zudem das harte Leben an Bord.
Eine individuelle wie kurzweilige Fischereihafentour mit jeder Menge Geschichten und Wissenswertem bietet die multimediale „Entdeckertour Fischereihafen“: Der langjährige Direktor des Fischereihafens sowie ein passionierter Angler führen Interessierte digital zu insgesamt 26 Stationen im weitläufigen Areal. Das für die Führung notwendige Tablet ist an verschiedenen Stationen kostenlos.
Eher im Verborgenen, aber aussagekräftig über die Bedeutung Bremerhavens als Drehscheibe der europäischen Fischwirtschaft schaut die Wissenschaft in die Zukunft der Fischwelten. So beschäftigt sich beispielsweise das Institut für angewandte Meeresforschung, das dem renommierten AWI (Alfred-Wegener-Institut) angeschlossen ist, mit den Möglichkeiten der Aquakultur. Nur einige Straßenecken weiter ist das Thünen-Institut für Fischereiökologie aktuell auf den Aal gekommen: Mit einem weltweit einzigartigen Forschungsprojekt werden die Gefahrenquellen für die vom Aussterben bedrohte Art analysiert, um dem europäischen Aal eine Zukunft zu ermöglichen. Bremerhaven liebt nun mal den Fisch
Weitere Informationen über die Fischstadt Bremerhaven:
www.bremerhaven.de/tourismus
www.schaufenster-fischereihafen.de
www.seefischkochstudio.de
www.entdeckertour-fischereihafen.de